Seit 1998 setzt sich FIFTITU% kontinuierlich für bessere Bedingungen der Frauen* im Kunst- und Kulturbereich ein und ist die einzige derartige Plattform, nicht nur in Linz und Oberösterreich, sondern bundesweit.
Die Aktivitäten umfassen neben kultur- und frauen*politischer Arbeit, regionaler, nationaler und internationaler Vernetzung in diesem Feld und mannigfachen künstlerischen Projekten in und zu diesen Themen auch eine konkrete Beratung und Unterstützung zur Professionalisierung von Frauen* in Kunst und Kultur.
FIFTITU% ist Initiator*in, Aktivist*in, Partner*in und Unterstützer*in und versteht sich als offener und innovativer Verein, der die gemeinsame Klammer zwischen experimentierfreudiger Regionalkultur und Gegenwartskunst schließt. In prozessorientierten Kooperationen mit Frauen*vereinen aus Linz und der Region OÖ und unter Einbeziehung aktueller ortsspezifischer Kulturarbeit werden Kunst- und Kulturprojekte verwirklicht, die eine hohe Nachhaltigkeit erreichen.
Viele heute selbstverständliche Errungenschaften in OÖ hätte es ohne FIFTITU% nicht gegeben, beispielsweise die Aufnahme von Quotenregelungen in der Kunst- und Kulturförderung, die Erstellung von regelmäßigen Frauenberichten im Kulturbereich oder die Verankerung frauenpolitischer Forderungen in Kulturentwicklungsplänen des Landes Oberösterreich und der Städte Linz und Steyr.
Auch regelmäßige Bewusstseinsarbeit gehört zum Tagesgeschäft von FIFTITU%, denn wie wir alle wissen sind wir noch immer ein gutes Stück von einer gleichberechtigten Gesellschaft entfernt.
Der Kunst- und Kulturbereich ist an sich schon von prekären Strukturen und schlechten Arbeitsbedingungen geprägt, Frauen* trifft dies umso mehr. Gerade daher erfüllt FIFTITU% hier äußerst wichtige Funktionen einerseits in der Durchführung von frauen*spezifischer Kunst- und Kulturarbeit und andererseits in der Beratung von berufstätigen Künstler*innen, Kulturmanager*innen und –arbeiter*innen. Dafür braucht es hohe Fachkenntnis und gute Vernetzungsfähigkeiten – beides Qualitäten, die FIFTITU% seit zwei Jahrzehnten auszeichnen.
2002 wurde FIFTITU% dafür mit dem Großen Kulturpreis des Landes Oberösterreich für Initiative Kulturarbeit,
2018 mit dem Staatspreis outstanding artist award für Kulturinitiativen, ausgezeichnet.
Begründung der Juryentscheidung für den Verein „FIFTITU% Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in Oberösterreich“
Der Verein „FIFTITU%“ wurde 1998 gegründet und begeht daher 2018 sein 20-jähriges Jubiläum. Der Verein ist in der Innenstadt von Linz verortet – zwischen Lentos, Kupf, Landesgalerie und Kunstuniversität und hat eine hohe Ausstrahlung auf das ganze Bundesland Oberösterreich und darüber hinaus.
Wie der Vereinsname schon vermuten lässt, geht es um die Sichtbarmachung eines Zahlenverhältnisses. Im Jahre der Vereinsgründung waren 52% der Weltbevölkerung weiblich. In der öffentlichen Präsenz von Macht und in den tatsächlichen Entscheidungsstrukturen war man von diesem Prozentsatz jedoch weit entfernt.
Seit zwei Jahrzehnten setzt sich der Verein für Geschlechterparität in Kunst und Kultur und für Vereinbarungen von Gleichstellungszielen bei Kulturvereinen und Institutionen ein.
FIFTITU% wagt sich an Fragestellungen wie „Wie würde Kultur ablaufen und erscheinen, wenn sie von Frauen gestaltet wird?“ heran. Und solange die Gleichstellung der Geschlechter nicht auch gelebte Praxis ist, ist dieser Verein in der kulturpolitischen Arbeit in Oberösterreich und darüber hinaus unentbehrlich.
Die Arbeit von FIFTITU% hat einen breiten Ansatz. Es gibt Kunst- und Kulturprojekte, Veranstaltungen und Weiterbildungsangebote.
Ein weiteres wesentliches Standbein der Tätigkeit von FIFTITU% sind die Themen Vernetzung, Beratungsangebote und Serviceleistungen. Gerade auch diese Beschäftigung „Hinter den Kulissen“ ist immens wichtig, weil so über das große Engagement auch einzigartiges Expertinnen*Wissen entstanden ist, welches sich in einer offen zugänglichen Expertinnen*Datenbank spiegeln soll.
Auch im Bereich der Publikationen ist FIFTITU% federführend mit den Projekten und der zur Verfügung Stellung von Wissen.
Der Verein FIFTITU% ist im besten Sinne eine Initiative. Er stemmt sich initiativ gegen frauenpolitische/anti-feministische Tendenzen, wie dies aktuell mit der Kampagne #frauenlandretten passiert. Hier geht es – wie eigentlich immer in den Projekten von FIFTITU% – um die Information und Aktivierung von Menschen, in diesem Falle der Zivilgesellschaft.
Ein wichtiger Baustein im künstlerischen Arbeiten von FIFTITU% ist der partizipative Ansatz wie z.B. bei dem geplanten Ausstellungsprojekt „Was will das Weib?“. Diese Wanderausstellung soll unter Einbeziehung von Frauen in der Region die lokale Auseinandersetzung zum Grundthema „100 Jahre Frauenwahlrecht – und was kommt jetzt?!“ beleuchten.
Durch die Partizipation vor Ort gelingt es immer wieder in unterschiedlichen künstlerischen Projekten Vorurteile der Menschen bei den Themen Feminismus und Gleichstellung aller Geschlechter sichtbar zu machen und abzubauen.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch das diskursive Projekt „Fahrende Händler*innen“. Diskutiert wird in drei Themenbereichen rund um Ansätze feministischer Kunst und die Rolle von Frauen in der Kunst. Bespielt wird ein Schiff am Traunsee, dadurch sollen die Menschen in der Region zur Mitsprache angeregt werden.
Insbesondere die Reihe Artivism ermöglicht die Bespielung variabler Räume mit feministischer Kunst. Sie verfolgt den Ansatz, dass die Kunst nicht fertig kommt, sondern in diesen immer neuen Orten entsteht. Diese Form soll die Menschen zu mehr Spontanität in der Auseinandersetzung anregen.
Die Mischung aus Kunst- und Kulturarbeit und das breite Angebot im Bereich Vernetzung, Beratung und Service macht FIFTITU% als Initiative, die Prozesse immer wieder startet und begleitet, so wichtig. Sie ist initiativ, provokant und unerschrocken in ihren Aktionen und eine gelungene Verbindung aus Gegenwartskunst und regionaler Kulturarbeit.
Für diese beispielhafte Form der Kulturarbeit gebührt FIFTITU% die Auszeichnung mit dem outstanding artist award 2018.
10. Juli 2018
Daniela Gmachl und Suzie Heger für den Kulturinitiativenbeirat